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Etwas über Streichpreise

Das Thema Streichpreise ist nichts für einen kurzen redaktionellen Artikel, ich versuche es trotzdem. Ausgangspunkt ist § 11 PAngV.

Frage nach der Angabe des Referenzpreises

Die Frage war, ob auch der Referenzpreis anzugeben sei. Damit ist gemeint, dass nicht nur ein Preis durchgestrichen wird (der Referenzpreis), sondern, ob auch noch anzugeben sei, dass es sich mit diesem – dem durchgestrichene – Preis um den niedrigsten Preis der letzte 30 Tage handelt.

Hier hat das LG Düsseldorf in der letzteinschlägigen Entscheidung (38 O 144/22) gesagt: Nein.

Nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf verpflichtet § 11 PAngV den werbenden Händler ausschließlich zur rein betragsmäßigen Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage – das dürfte der durchgestrichene Preis sein. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, diesen Referenzpreis in bestimmter Weise zu bezeichnen oder durch Erläuterung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um „den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage“ handelt, dürfte nach dieser Entscheidung nicht bestehen.

Was ist mit der UVP, der „unverbindlichen Preisempfehlung“?

Eine weitere Frage könnte sein, ob der Händler ausschließlich den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage darzustellen hat oder ob er die „unverbindliche Preisempfehlung“ (UVP) zusätzlich dazu auch noch darstellen darf. Die UVP könnte ja auch ein weiterer Referenzpreis sein; allerdings in die andere Richtung, der Logik der Werbung mit Tiefpreisen nach.

Etwas zu Abkürzungen

Bei dieser Gelegenheit eine Anmerkung zum Thema Abkürzungen. Sie funktionieren nur im jeweiligen Systembereich. Für den Verwaltungsrechtler ist „UVP“ ganz klar die Unweltverträglichkeitsprüfung. Das „AT“ ist für den Juristen der Allgemeine Teil, etwa des Bürgerlichen Gesetzbuches oder des Strafgesetzbuches; der „BT“ dann der Besondere Teil. Für den Theologen ist „AT“ das Alte Testament. Natürlich sind diese Abkürzungen „eingeführt“ (im jeweiligen Systembereich). Sicher hat sich Google inzwischen auch etwas an Abkürzungen gewöhnt und kann den Zusammenhang erkennen. Trotzdem bleiben dann AT oder UVP mehrdeutig. Daher die Anregung, ob es für das Gefundenwerden nicht besser wäre, hin und wieder einmal eine Abkürzung auszuschreiben. Es wissen auch nicht alle Verbraucher, dass „OVP“ originalverpackt heißt oder in Originalverpackung. Und es hat – wettbewerbsrechtlich – die Frage immer noch nicht ganz den Raum verlassen, inwieweit die Verwendung von Abkürzungen etwa dem Verbraucher gegenüber irreführend sein können und möglicherweise deshalb sogar rechtswidrig. Aber dieses Fass will ich hier gar nicht aufmachen. Interessant wird es dann bei der – verpflichtenden – Angabe von Fundstellen …

Zurück zur Sache

Die Frage ist also, ob der Händler nur den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage darzustellen hat oder ob er darüber hinaus auch noch den UVP darstellen darf.

Der Händler muss den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage angeben. Wie viele höhere Preise – z.B. die „unverbindliche Preisempfehlung“ – er in diesem Zusammenhang darstellt, dürfte keine Rolle spielen. Demnach dürfte der Händler auch die „UVP“ angeben. Er muss sich dann natürlich auch an die Regeln der Darstellung der UVP halten; kurz gesagt: Die unverbindliche Preisempfehlung muss auch eine solche sein und vor allem nachweisbar, durch Preislisten etwa.

Entspricht der durchgestrichene Preis der unverbindlichen Preisempfehlung, soll mitgeteilt werden müssen, dass der durchgestrichene Preis diese unverbindliche Preisempfehlung sei. Je nachdem, in welche Richtung man diese Konstellation bedenkt, wird man zu dem Ergebnis kommen (können), dass diese Variante entweder wenig praxisrelevant sei. Ist denn die UVP nicht höher? Ist es denkbar, dass die UVP der niedrigste Preis der letzten 30 Tage ist? Oder man wird diese Konstellation sogar für den Paradefall eines durchgestrichenen Preises halten. Der UVP ist durchgestrichen und jetzt gilt der folgende Preis. Dann müsste aber doch die UVP als der durchgestrichene Preis der niedrigste Preis der letzten 30 Tage sein? Wer bitte bietet denn – und sei es auch nur 30 Tage lang – zur „unverbindlichen Preisempfehlung“ an? Aber vielleicht muss man auch nicht jeden Gedanken zu Ende denken.

Sinn und Zweck der Streichpreisregelung

Ich meine, verbotsrelevant bzw. kritisch ist nur die Werbung mit niedrigen Preisen an sich, ohne, dass der Kunde es nachvollziehen und verstehen kann. Der Verbraucher will insbesondere wissen, ob das das, also der durchgestrichene Preis, schon das Billigste ist oder ob es vorher etwa noch billiger war. Deshalb ist „der niedrigste Preis der letzten 30 Tage“ darzustellen.

Ist der aktuelle Preis niedriger als der durchgestrichene – das dürfte der Normalfall dieser Maßnahme sein -, wird sich der Kunde freuen und kaufen. Ist der aktuelle Preis höher als der durchgestrichene, macht das als Werbemaßnahme schon mal wenig Sinn und könnte wegen dieser „Täuschung“ bereits wettbewerbsrechtlich anstößig sein. Aber: Ein interessanter Gedanke.

Wie teuer es hingegen unter Umständen auch mal war (Stichwort UVP), dürfte im Hinblick auf die Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage irrelevant sein, aber werbewirksam und wohl nicht verboten, wenn der UVP echt ist.

Was ist, wenn es einen noch niedrigeren Preis gibt, z.B. am „Black Friday“?

Stellt man am Black Friday auf die Differenz zwischen höchstem Preis = UVP / Nicht-black-Friday-Preis und jetzigen Preis ab, dann könnte man es schon wieder anders sehen. Aber, wie gesagt, das Gesetz spricht vom niedrigsten Preis der letzten 30 Tage, das dürfte in diesem Beispiel der Nicht-black-Friday-Preis sein, und nicht von Preisdifferenz oder vom Verbot der Angabe höherer Preise (wenn sie „stimmen“). Also im Grunde genommen: Auch am Black Friday einfach die normale Streichpreisregelung anbieten. Oder das versuchen! Aber es sollte schon gelingen …

Verheddern Sie sich nicht! Auch hier dürfte die einfache, klare Aussage die beste sein. Überzeugend und rechtmäßig. Es ist aber wirklich kein einfaches Thema. Und in jedem Falle einer Einzelfallbetrachtung wert.