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Programmierfehler: Reaktionszeit beim Hochfahren ist kein Sachmangel

  • Amtsgericht Winsen (Luhe): Verzögerung der Datumsberechnung bei Receiver nach Netztrennung um 30 Sekunden, während dieser die Zeit falsch angezeigt wird und mit PIN gesicherte Sender nicht abrufbar sind, stellen eher keinen zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel dar, sondern sind unerheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.

Das Amtsgericht Winsen an der Luhe schreibt dazu:

Auch ansonsten besteht kein Grund für einen Rücktritt. Soweit sich die Klägerin auf den vom Sachverständigen vorgefundenen Programmierfehler bezieht, wonach sich die Datumsberechnung nach einer Netztrennung des Geräts um ca. 30 Sekunden verzögert, damit die Zeitangabe kurzfristig falsch arbeitet und mit PIN gesicherte Sender für diesen Zeitraum nicht abrufbar sind, berechtigt dies nach Auffassung des Gerichts nicht zu einem Rücktritt. Man mag daran zweifeln, ob hier überhaupt schon ein Mangel gegeben ist. Denn insbesondere bei neueren, hochtechnisierten Fernsehgeräten ist es mittlerweile üblich, dass der Aufbau des Bildes nicht unmittelbar erfolgt, sondern länger in Anspruch nimmt. Ein Zeitraum von 30 Sekunden, der zudem auch nur nach einer vollständigen Netztrennung auftritt, ist daher als unwesentlich zu beurteilen. In jedem Fall liegt damit ein Fall des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB vor.

Folgende Leitsätze könnte man daraus deduzieren:

  1. Programmierfehler mit nur kurzfristiger Auswirkung sind kein Sachmangel
  2. Eine Reaktionszeit nach Netztrennung von 30 Sekunden ist nicht unangemessen
  3. Die Zeit für den Bildaufbau bei hochtechnisierten Fernsehgeräten stellen keinen Mangel dar, sondern sind üblich
  4. Eine Unterbrechung der Tätigkeit von elektronischen Geräten nach Netztrennung von 30 Sekunden ist unwesentlich
  5. Kurzfristige Nichtverfügbarkeit von Sendern, die mit PIN gesichert sind, stellen keinen Sachmangel dar
  6. Ein Programmierfehler ist nicht „automatisch“ gleich ein Sachmangel

Die Entscheidung, Urteil des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 16.06.2014 zum Az. 24 C 965/13, können Sie hier nachlesen: AG Winsen Luhe v. 16.06.2014

Manchmal sind es ja die kleinen Dinge des Lebens, die Freude und Ermutigung bringen, wie diese sehr begrüßenswerte Entscheidung des Amtsgerichts Winsen an der Luhe. Ich möchte noch ergänzen, dass es kein sachgerechter Gebrauch eines Gerätes ist, wenn dieses ständig vom Netz genommen wird, denn die meisten Geräte haben einen Ein- und Ausschalter. Der Gebrauch eines solchen Schalters führt dann in der Regel zu einem gesichertem Herunterfahren und danach wieder zu einem geordneten Hochfahren des Geräts. Dadurch kann Störungen besser vorgebeugt werden. Das ständige Herauszerren des Netzkabels und die damit einhergehenden Stromunterbrechungen könnte man fast schon als Bedienungsfehler disqualifizieren, der dann als solcher Gewährleistungsansprüche ebenfalls ausschließen würde. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Fernsehen der Fußballweltmeisterschaft wünscht Ihnen

Ihr Rechtsanwalt Wolfgang Wentzel, Dresden