Die EU-Kommission wirft Amazon Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor
Die EU-Kommission schnipst Amazon aus der Buy-Box, bildlich gesprochen. Amazon missbrauche die Daten seiner Händler, die die Kommission richtigerweise „unabhängige Händler“ nennt, für seine eigennützigen Zwecke. Die Kommission sieht darin vorläufig einen Verstoß gegen das Kartellrecht der Europäischen Union. Die Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen Amazon eröffnet. Mehr noch: Die Kommission hat gleich noch ein zweites Kartellverfahren gegen Amazon eingeleitet wegen des Verdachts, dass Amazon eigene Angebote bevorzuge und die von Plattformhändlern, welche „Logistik- und Versanddienste von Amazon“ (Versand-durch-Amazon) nutzen. Die Kommission werde insbesondere prüfen, ob die Kriterien, nach denen Amazon das Einkaufswagen-Feld vergibt und es Verkäufern ermöglicht, Prime-Kunden zu beliefern („Prime durch Verkäufer“), zu einer Vorzugsbehandlung der Angebote von Amazon oder der Angebote von Verkäufern, die die Logistik- und Versanddienste von Amazon nutzen, führen würde.
Stärkung der Rolle der Plattformhändler
Die Kommission erhofft sich dadurch eine Stärkung der Rolle der Plattformhändler gegenüber Amazon. Es geht letztlich um die Daten, die Plattformhändler Amazon zur Verfügung stellen, um überhaupt auf Amazon verkaufen zu können, und darum, was Amazon mit diesen Daten tun, mutmaßlich eben, mit Hilfe dieser Daten in – dann unlauteren, genauer: kartellrechtswidrigen – Wettbewerb zu den Plattformhändlern zu treten. Sollten sich die Bedenken der Kommission bestätigen, würde ein Verstoß gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorliegen, nach dem der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten ist.
Bewertung
Die Kommission greift hier eine Thematik auf, die seit geraumer Zeit nahezu greifbar in der Luft liegt. Was hier in kartellrechtlicher Thematik – Missbrauch marktbeherrschender Stellung – einherkommt, hat auch etwas mit Datenschutz – der Daten der Händler – zu tun. Bemerkenswert ist, dass die Kommission es ausspricht: „marktbeherrschende Stellung“ und vorläufig auch von „Missbrauch“ spricht. Auch wenn bislang Beweise dafür fehlten, so pfeifen es doch die Spatzen von den Dächern. Die gute Nachricht ist, dass die Händler dadurch in ihren Befürchtungen durch die EU-Kommission zunächst einmal ernst genommen werden. Das ist ein Ausgleich dafür, dass diese Händler, wenn es um eine Kommunikation mit Amazon geht, in der Vergangenheit wohl eher das Gefühl hatten, „gegen eine Wand“ zu reden. Daran hat auch, zumindest vordergründig, die P2B-Richtlinie der EU, wenigstens bislang, noch nicht so viel geändert, dass von einer Breitenwirkung zu sprechen wäre. Ich persönlich würde mich darüber freuen, wenn Amazon die Eröffnung dieser Verfahren gegen sich vielleicht zum Anlass nähme, mich und den Bundesverband Onlinehandel e.V. als Mediator nach der P2B-Richtlinie in seinen AGB zu listen.
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Hier finden Sie die Pressemitteilung der EU-Kommission.