BKartA: Bußgeld wg. vertikaler Preisbindung bei portablen Navigationsgeräten verhängt

TdOH_button„Druckausübung dahingehend, dass Händler bestimmte Preise einhalten sollen, ist bereits seit den 70er Jahren verboten“

Das Bundeskartellamt hat eine Geldbuße in Höhe von 300.000 Euro gegen die United Navigation GmbH, Ostfildern, wegen der vertikalen Preisbindung von Einzelhändlern beim Vertrieb ihrer Produkte verhängt. Verantwortliche des Unternehmens haben im Zeitraum von Juli 2009 bis zum Mai 2014 mit verschiedenen Händlern vereinbart, dass diese beim Verkauf portabler Navigationsgeräte von United Navigation bestimmte Endkundenpreise nicht unterschreiten. Einzelne Preisvereinbarungen für die unter den Marken „Becker“ und „Falk“ vertriebenen Navigationsgeräte hat es bereits im Jahr 2007 gegeben.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: Händler dürfen selbständig festlegen, welchen Preis sie für ein Produkt verlangen. Der Hersteller darf sie davon nicht abhalten. Erlaubt ist nur die unverbindliche Preisempfehlung. Auch wenn man als Verbraucher oft einen anderen Eindruck gewinnt: Preisbindungen zwischen Hersteller und Händlern oder Druckausübung der Hersteller dahingehend, dass die Händler bestimmte Preise einhalten sollen, sind bereits seit den 70er Jahren verboten.

United Navigation hat insbesondere die Preise von Online-Händlern überwacht. Sobald ein bestimmtes Verkaufspreisniveau unterschritten war, wurde um Einhaltung des vorgegebenen Preisniveaus gebeten. Als Maßstab dafür, welches Preisniveau aus Sicht von United Navigation akzeptabel war, wurde der sogenannte „Street Price“ eingeführt, der neben der unverbindlichen Preisempfehlung an die Händler kommuniziert wurde. Die meisten Händler haben ihre Preise nach der Kontaktaufnahme durch United Navigationentsprechend angehoben.

In anderen Fällen wurden die Preisanhebungen mit der Androhung von Lieferstopps oder rechtlichen Schritten wegen der unberechtigten Verwendung urheberrechtlich geschützter Materialien erzwungen oder mit der Gewährung von Vorteilen in Gestalt von Boni für die Preisanhebung erreicht. Das Verfahren beruht auf Hinweisen, die der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde vorlagen und denen das Bundeskartellamt im Rahmen einer Durchsuchung nachging. Bei der Bußgeldfestsetzung wurde neben der derzeitig eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens auch berücksichtigt, dass United Navigation umfänglich mit dem Bundeskartellamt kooperiert hat, und dass das Verfahren einvernehmlich beendet werden konnte. Das verhängte Bußgeld ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Bescheid kann Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden hätte.

Quelle: Bundeskartellamt – Homepage – Bußgeld wegen vertikaler Preisbindung bei portablen Navigationsgeräten verhängt.


Hier haben wir ja das vollständige Programm: „Boni für die Preisanhebung“, bis hin zu Lieferstopp (Auslistung) und Abmahnung wegen angeblichen Bilderklaus vom Hersteller, um zu erreichen, dass Hersteller-seits existierende Preisvorstellungen beim Onlinehändler erzwungen werden, damit die unverbindliche Preisempfehlung eben dann doch verbindlich werde, bei Androhung etwa einer Auslistung des Händlers. Schön, dass das Bundeskartellamt diese Instrumentarien nicht nur gesehen hat, sondern auch klar benennt. Sehr schön, dass hier in einer öffentlichen Pressemitteilung deutlich gesagt wird, dass ein solches Vorgehen durch einen Lieferanten rechtswidrig ist und deshalb mit einem Bußgeld geahndet wird. „Draußen“ fehlt es bisweilen eben nicht nur an einem Unrechtsbewusstsein, sondern man sonnt sich auch in der vermeintlichen Folgenlosigkeit solchen rechtswidrigen Tuns. Hiergegen hat das Bundeskartellamt jetzt deutliche Worte und ein Bussgeld gefunden. Das ist uneingeschränkt zu begrüßen. Derzeit ist es mühsam, etwa gegen einen Lieferstopp oder gegen den „Trick mit dem (angeblichen) Bilderklau“ vorzugehen. Es ist anspruchsvoll, im vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Auslistung anzugehen, weil die dazu in Betracht kommende Leistungsverfügung nur in engen Grenzen zulässig ist, und mancher Rechtsschutz daran scheitert, dass die Gerichte einen Lieferanten nicht als Monopolist oder relativ marktbeherrschendes Unternehmen ansehen, und damit, ohne die oben vom Bundeskartellamt selbst angesprochene kartellrechtliche Problematik zu sehen,  einen Weiterbelieferungsanspruch möglicherweise sogar ablehnen. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes hilft nun dabei, mit deutlich mehr Aussicht auf Erfolg gegen Lieferanten vorzugehen, die sich, um Preisvorgaben zu erzwingen, gegenüber dem Onlinehändlers des Instrumentariums von „Zuckerbrot (Boni) und Peitsche (z.B. Lieferstopp)“ bedienen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Ich selbst aber bin guter Dinge, dass das Bundeskartellamt hier durch das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt wird. Praxistipp: Dokumentieren Sie also die Aufforderungen Ihres Lieferanten, sich an von denen vorgegebenen Preise zu halten. Konfrontieren Sie ihn damit, und mit der Rechtswidrigkeit solchen Tuns. Vor Gericht schließlich kann eine solche Dokumentation eine mögliche Beweislücke (Nicht jeder hat eine Entscheidung des Bundeskartellamts!) insofern schließen helfen, als Sie es sind, der einen entsprechenden Rechtsverstoß darzulegen und zu beweisen (glaubhaft zu machen) hat. Wir vertreten Sie gern in solch herausfordernden Verfahren.

Herzlichst Ihr Rechtsanwalt Wolfgang Wentzel