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Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – Kabinettsentwurf

Aktualisiert am 13.10.2020. Der Bundestag hat am 10. September 2020 das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs beschlossen (Informationen über den Gesetzgebungsvorgang). Hier ist positiv formuliert, um was es eigentlich geht, nämlich um die Einschränkung von Abmahnmissbrauch und Abmahnunwesen. Ich hatte mich vor reichlich zwei Jahren, im Oktober 2018, für den Bundesverband Onlinehandel e.V. an der öffentlichen Anhörung beteiligt. Das Gesetz hat am 9. Oktober 2020 den Bundesrat passiert und wird nun dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung vorgelegt, um in großen Teilen am Tage nach der Ausfertigung in Kraft zu treten. Ziel sei es, dem „Geschäftsmodell Abmahnmissbrauch“ die Grundlage zu entziehen und insbesondere Selbständige sowie kleinere und mittlere Unternehmen vor den Folgen unnötiger und wettbewerbsschädlicher Massen-Abmahnungen zu schützen, wie es auf den Seiten des Bundesrates heißt.

Der Gesetzgeber hat sich nun für die Variante „Eindämmung des Missbrauchs an sich“ entschieden und nicht für eine systematische Korrektur, wie die von uns vorgeschlagene Änderung des Systems des Kostenersatzes – unser Vorschlag war es, diese Frage wie im Arbeitsrecht zu regeln – oder dafür, Unterlassungsansprüche künftig nur noch verschuldensabhängig zu geben, was ebenfalls eine grundlegende Systemkorrektur und einen Paradigmenwechsel bedeutet hätte. Die Eindämmungsvariante hat der Gesetzgeber allerdings sehr gut umgesetzt. Insbesondere begrüße ich aus vielerlei Gründen die weitestgehende Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstandes“.

Um den Abmahnmissbrauch einzudämmen, hat das Kabinett fünf Filter eingebaut:

Filter 1: Klagebefugnis = § 8 UWG NEU

Abmahnen darf nach dem Entwurf nur noch derjenige Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt. Abmahnverbände müssen sich lizenzieren lassen (Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände) und werden dadurch kontrollierter (und damit weniger „gefährlich“) oder sie dürfen nicht mehr abmahnen.

Filter 2: Rechtsmissbrauch = § 8b UWG NEU

Der Bereich Rechtsmissbrauch ist nun etwas mehr ausdefiniert. Rechtsmissbrauch ist jetzt gegeben bei:

  • Serienabmahnung, wenn unverhältnismäßig oder auf wirtschaftliches Risiko des Anwalts
  • zu hohem Streitwert für die Abmahnung
  • zu hoher Vertragsstrafforderung
  • zu weit gefasste Unterlassungserklärung
  • getrennte Abmahnung mehrerer Zuwiderhandlungen
  • Abmahnungen gegen „verbundene Unternehmen“ (mehrere Zuwiderhandelnde)

Filter 3: Abmahnung = § 13 UWG NEU

Es gibt jetzt einige formelle Anforderungen. Zudem: Bei Allerweltsabmahnungen kann kein Kostenersatz mehr verlangt werden. Das heißt: Bei Abmahnungen durch Mitbewerber

  1. von Informationspflichten kann kein Kostenersatz mehr verlangt werden
  2. von Datenschutzverstößen (DS-GVO) bei Abmahnungen durch Unternehmen oder Abmahnvereine (gewerblich tätige Vereine), sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen

Filter 4: Vertragsstrafe = § 13a UWG NEU

Die Vertragsstrafe muss angemessen und verhältnismäßig sein. Bei Erstabmahnung von Mitbewerbern darf in bestimmten Fällen kein Vertragsstrafversprechen gefordert werden.

Filter 5 = Fliegender Gerichtsstand adé

Zusammenfassung

Drei Dinge sind wirklich neu an dem Entwurf:

  1. Kein Kostenersatz bei Allerweltsabmahnungen und
  2. die weitgehende Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes
  3. der Ausschluss von Vertragsstrafe bei Erstabmahnung in bestimmten Fällen

Das Übrige ist (im Grunde genommen) zu Gesetz gewordene Rechtsprechung, die ohnehin bereits jetzt gilt. Ich persönlich finde, ein sehr gelungenes Gesetz. Er hat meiner Ansicht nach nur einen kleinen Schönheitsfehler, den ich aber an dieser Stelle nicht referieren möchte. Denn der Gesetzgeber hat im Großen und Ganzen ein sehr gutes Gesetz vorgelegt. Ein wahres Kabinettsstück.